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 Schach und Kultur
Frank Mayer Offline



Beiträge: 13

12.10.2014 11:04
Schachgedicht Antworten

Schachgedicht
________________________________________
von dem berühmten argentinischen Dichter und Schachliebhaber
Jorge Luís Borges (1899-1986):

I.
In ihrer gravitätischen Ecke,
führen die Spieler ihre langsamen Figuren.
Das Schachbrett verzögert sich bis zur Morgendämmerung
[in ihrer Strenge].
Eine Umgebung, in der sich zwei Farben hassen.
Im Innern erstrahlt magische Härte.
Die Formen: homerischer Turm, leichter Springer,
bewaffnete Dame, letzter König,
schräger Läufer und aggressive Bauern.
Auch wenn die Spieler gegangen sind,
auch wenn die Zeit sie ausgelaucht hat,
wird der Ritus wahrhaftig noch nicht beendet sein.
Im Orient wurde dieser Krieg entfacht,
dessen Amphitheater heute die ganze Erde ist.
Wie dieser [andere], ist das Spiel unendlich.

II.
Es folgt die 2. und letzte Strophe!







#2

Fortsetung der II und letzten Strophe
________________________________________
Schwacher König, schräger Läufer, grausame Dame,
zielstrebiger Turm und abgefeimter Bauer
auf Schwarz und Weiss des Weges
suchen und entfachen einen bewaffneten Krieg.
Sie wissen nicht, ob die sich erhebende Hand
ihr Schicksal bestimmt,
sie wissen nicht, ob eine sich anschickende Strenge
ihre Willkür und ihren Tagesablauf beherrscht.
Auch der Spieler ist ein Gefangener
(Der Urteilsspruch ist von Omar**)
eines anderen Schachbrettes der schwarzen Nächte
und weissen Tage.
Gott bewegt den Spieler und dieser die Figur.
Was für ein Gott hinter Gott,
die Handlung beginnt mit Staub und Zeit und Traum und Agonien?

Erklärung**:
Omar Khayanhan war ein persischer Dichter und Humanist von 1048 - 1122.
In einer seiner tiefgründigen und schmerzlichen Kurzgedichte mit dem Namen "Rubayat" sagte er: "Das Leben ist nicht anderes als ein riesiges Schachbrett, auf dem das Schicksal die Menschen hin und her bewegt wird, als ob sie Figuren wären und danach werden sie in eine Holzschachtel (Sarg) gelegt".

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